Zu Begriff und Definition von "Matriarchat"
von dorastochter
Heide Göttner-Abendroth
Die Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung
Heide Göttner-Abendroth hat Philosophie (Wissenschaftstheorie und Logik) studiert und während dreissig Jahren intensiver Forschung im Bereich matriarchaler Kulturen eine wissenschaftstheoretische Grundlage für diesen umfassenden Wissensbereich geschaffen. Die Moderne Matriarchatsforschung arbeitet interdisziplinär (wissenschaftsübergreifend) und ideologiekritisch – denn um eine ganze Gesellschaft untersuchen zu können, müssen zum einen alle dazu notwendigen Wissenschaften (Archäologie, Kulturgeschichte, Ethnologie, Mythologie, Folkloristik, Linguistik usw.) miteinbezogen werden, zum anderen ist es erforderlich, die Denkkategorien, die uns so geläufig sind, immer wieder zu hinterfragen. Wir können sie auf matriarchale Gesellschaften nicht einfach anwenden ohne dadurch das Bild dieser grundlegend anders organisierten Kultur zu verzerren. Die Definition für „Matriarchat“ hat Göttner-Abendroth durch eingehende, kultur-vergleichende Untersuchungen im Bereich der Ethnologie entwickelt und für die grundlegenden Lebensbereiche Ökonomie, Soziale Ordnung, Politik und Weltanschauung und Kultur formuliert (strukturelle Definition). Erst wenn die Kriterien aller dieser Lebensbereiche erfüllt sind, können wir von einem vollgültigen Matriarchat sprechen.
Ein kurzer Überblick
Petra Schönbacher, deren Forschung sich ebenfalls auf Definition und Werk von Göttner-Abendroth stützt, hat es, um einen ersten kurzen Überblick zu geben, folgendermassen zusammengefasst:
„Wenn sich Menschen über die Mutterlinie definieren, das Haus ihrer Mutter als ihr Zuhause betrachten, wenn Menschen ihre Liebe und Sexualität frei entfalten, wenn sie Liebe ausleben, ohne damit ökonomische Notwendigkeiten und Sicherheiten zu verknüpfen, wenn Menschen in ihrer Gemeinschaft Entscheidungen auf der Basis von Konsens treffen, wenn sie die Natur nicht ausbeuten, sondern sich als Teil von ihr begreifen, wenn sie die Schöpfung als weibliches – mütterliches, weil gebärendes und versorgendes – Prinzip verstehen, wenn Menschen ihre AhnInnen und Kinder (als ‚kleine Ahnen’) ehren und respektieren und das Leben und den Tod als Bestandteile eines ewigen Zyklus betrachten, dann sprechen wir von einer matriarchalen Kultur.“1
Zum Begriff „Matriarchat“
"Arche" = Anfang
Was die Kulturgeschichte des Menschen betrifft, können wir von einem Zeitraum von rund 100'000 Jahren ausgehen. Ab dem Zeitalter der Jungsteinzeit2 lassen sich matriarchale Kulturen nachweisen – je nach geographischem Raum hatten sie über einen Zeitraum von mindestens 8'000 Jahren Bestand. Erst dann sind erste Herrschaftsstrukturen entstanden, die zu den patriarchalen Gesellschaften führten wie wir sie seit der griechischen und römischen Zivilisation kennen. Das griechische Wort „arché“ bedeutet zunächst „Anfang“, wie in „Archäologie“, „Arche Noah“ oder „archaisch“, weshalb Göttner-Abendroth den Begriff „Matriarchat“ in Kenntnis der besonderen Eigenschaften matriarchaler Kulturen in Vergangenheit und Gegenwart, mit „am Anfang die Mütter“ („Mater“ bedeutet Mutter) übersetzt. Über einen grossen Zeitraum der Menschheitsgeschichte haben Menschen gelebt, welche die Gegebenheit, dass am Anfang eines jeden Menschenlebens eine Mutter steht, als grundlegende Ordnung genommen und ihr Weltbild sowie ihre gesellschaftlichen Strukturen davon abgeleitet haben.
"Arche" = Herrschaft
Mit der Entstehung von patriarchalen Kulturen, die hierarchisch aufgebaut sind, erhielt das Wort „arché“ seine weitere Bedeutung im Sinne von „Herrschaft“. In Kenntnis der besonderen Eigenschaften patriarchaler Kulturen übersetzt Göttner-Abendroth den Begriff „Patriarchat“ mit „Väterherrschaft“, worin auch „Männerherrschaft“ mitklingt. Für manche Leserinnen und Leser mag dies zu Beginn des 21. Jahrhunderts etwas befremdend klingen, wo sich die Frauen doch längst emanzipiert haben. Behalten wir im Auge, dass wir es gerade mit Zeiträumen von mehreren tausend Jahren zu tun haben, so braucht uns diese Übersetzung nicht weiter zu erschrecken: Wir haben es mit historischen Tatsachen zu tun. Mit der Emanzipation insbesondere der Frauen – aber auch der Männer – aus hierarchischen Strukturen, die dazu angelegt sind, eine kleine Gruppe von Privilegierten zu bevorzugen und eine grosse Gruppe von Menschen zu benachteiligen, ist es auch in Zeiten der Demokratie nicht allzu weit her. Die Bewegungen der letzten paar Jahrzehnte haben zweifelsohne viel bewirkt, aber natürlich konnten sie über ein System, das seit 2'500 Jahren besteht, nicht in so kurzer Zeit hinausgehen. Noch immer sind wir häufig damit beschäftigt, Menschengruppen gleich zu machen, ohne die Bewertung an sich – eine Gruppe wird aufgewertet, eine abgewertet – zu hinterfragen. Von Abwertungen verschiedenster Art ist die Gruppe der Frauen besonders betroffen.
Abgrenzung
Die Gesellschaftsformen „Matriarchat“ und „Patriarchat“ sind grundlegend verschieden und können nicht als gegenseitige Umkehrformen verstanden werden. Sie haben wohl etwas mit den Geschlechtern zu tun, allerdings nicht mit dem Wesen der Geschlechter selbst. Matriarchatsforschung macht keine Aussagen über „Weiblich“ und „Männlich“ und keine über Frauen und Männer per se, sondern über Gesellschaftsformen als Ganzes, die stets aus verschiedenen Generationen und aus Frauen und Männern bestehen. Allenfalls können wir bestimmte Situationen von Frauen und Männern, die in einem Matriarchat leben untersuchen und bestimmte Situationen von Frauen und Männern die in einem patriarchalen Umfeld leben.
Strukturelle Definition von Matriarchat
Ökonomische Ebene - Auslgleichsgesellschaft auf dem Boden einer Ökonomie des Schenkens
Subsistenzwirtschaft
Matriarchale Kulturen betreiben Subsistenzwirtschaft. Das Wort „Subsistenz“ wird von „Substanz“ abgeleitet und bedeutet eigentlich „das, was aus sich selbst heraus Bestand hat“, also das, was wir unmittelbar zum Leben brauchen und mit den eigenen Mitteln erarbeiten können. Matriarchale Gesellschaften sind daher hauptsächlich, wenn auch nicht ausschliesslich, Ackerbaugesellschaften, die oft auch Viehzucht betreiben. Durch die weitgehende Selbstversorgung bleiben sie auf lokaler und regionaler Ebene unabhängig. Zusätzlich können Luxusgüter durch Fernhandel importiert bzw. exportiert werden. Geld kann ein kurzfristiges Tauschmittel sein, spielt aber meist keine grössere Rolle, weil alles Lebensnotwendige direkt erwirtschaftet wird. Zudem erfolgt der Austausch der Güter entlang der Verwandtschaftsbeziehungen weitgehend übers Schenken, weshalb wir auch von einer „Schenke-Ökonomie“ sprechen können. Diese orientiert sich entsprechend nicht an Profit-Optimierung, sondern daran, möglichst alle Mitglieder der Gemeinschaft möglichst gut zu versorgen.
Güterumverteilung
Das Ideal besteht nicht in der Anhäufung von Gütern sondern in der Verteilung. Viele soziale Regeln sorgen für den beständigen Ausgleich und verhindern so, dass sich einzelne Clans oder Einzelpersonen auf Kosten anderer bereichern können und Güter anhäufen. So ist es zum Beispiel üblich, dass gerade jene Clans, die mehr erwirtschaften konnten als andere, bei den zahlreichen Festen, welche nicht nur der Umverteilung der Güter und dem Zusammenhalt der Gemeinschaft dienen sondern zumeist auch einen sakralen Hintergrund haben, das ganze Dorf einladen und verpflegen. Ihr soziales Ansehen steigt dadurch beachtlich – und im Sinne des Austauschs dürfen sie damit rechnen, selber gut versorgt zu werden, sollten sie einmal in Not geraten. Hingegen werden Übertretungen dieser Regeln beanstandet und sofort rückgängig gemacht, um Besitzanhäufungen zu vermeiden.
Soziale Ebene – matrilinieare Verwandtschaftsgesellschaft
Matrilinie
Auf der sozialen Ebene lässt sich ein Matriarchat als Verwandtschaftsgesellschaft bezeichnen, die sich entlang der Matrilinie (Mutterlinie) in Sippen, sogenannten Matri-Clans, organisiert. Die Abstammung von der Mutter ist immer klar und einfach zurückzuverfolgen. Deshalb sind matriarchale Menschen ausschliesslich über die Mutter verwandt. Clan-Name, soziale Titel und Würden verlaufen ebenfalls in der Matrilinie und werden an beide Geschlechter, an die Töchter wie auch an die Söhne weitergegeben. Der Matri-Clan besteht aus mindestens drei Generationen: der Sippenmutter und ihren Brüdern, ihren Töchtern und Söhnen sowie ihren Enkelinnen und Enkeln. Die Männer des Clans sind mit den Frauen in direkter Linie verwandt (Brüder der Mutter, Söhne und Enkel) und übernehmen für die Kinder die im selben Clan leben und den selben Clannamen tragen die soziale Vaterschaft, das heisst, für die Kinder und die Grosskinder ihrer Schwestern. Die biologische Vaterschaft spielt weiter keine Rolle, auch dann nicht, wenn sie bekannt ist, denn sie hat auf die Gesellschaftsstruktur keinerlei Einfluss. Deshalb ist das eigentliche Paar in einer matriarchalen Gesellschaft nicht Frau und Mann sondern Schwester und Bruder. Gemeinsam sorgen sie für das Wohl des Clans. Dadurch dass sie zusammen aufgewachsen sind und zeitlebens Teil desselben Clans bleiben, sind sie sich zutiefst vertraut und haben zumeist eine enge und sehr stabile Beziehung. Es handelt sich hier aber nicht um ein inzestuöses Verhältnis.
Matrilokalität
Auch nach der Heirat bleiben die Männer Mitglied des Matri-Clans, der sowohl eine wirtschaftliche als auch eine politische Einheit bildet. In matriarchalen Gesellschaften dient Heirat mehr dem Bündnis mit benachbarten Clans (Wechselheirat zwischen je zwei Sippen), was darauf abzielt, die einzelnen Clans untereinander so zu vernetzen, dass eine nicht-hierarchisch organisierte Gesellschaft entstehen kann, in welcher alle Mitglieder eines Dorfes mehr oder weniger miteinander verwandt sind. Über die Verwandtschaftsbeziehungen leiten sich denn auch die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder ab. Das Liebesleben beider Geschlechter kann deshalb frei und nach den eigenen Bedürfnissen gestaltet werden. Regel ist, dass der Mann im Haus seiner Geliebten oder seiner Frau Gast bleibt und dort keine ökonomischen oder politischen Rechte besitzt. Da er seine Liebste nur nachts besucht und ansonsten in seinem eigenen Clan, in seiner Mutter-Sippe lebt, wird diese „Ehe-Form“ als Besuchs-Ehe bezeichnet. Zwischen den Clan-Häusern liegen meistens keine grossen Entfernungen, weshalb die Männer dabei keine weiten Wege zurücklegen müssen. Entsprechend verlassen die Frauen ihr Mutterhaus nie infolge von Heirat und bleiben ebenfalls in ihrer Muttersippe. Dies wird Matrilokalität genannt.
Politische Ebene – egalitäre Konsensgesellschaft
Konsensfindung
Jeder Clan bildet auch eine politische Einheit. Für die allgemeine Verständigung wird zunächst im einzelnen Clan nach einem Konsens gesucht, denn Entscheidungen werden nur durch Einstimmigkeit getroffen. Die Konsensfindung erfolgt nach genauen Regeln, die allen geläufig sind und von Kindesbeinen an praktiziert werden. Die Matriarchin (Clan-Mutter) moderiert diese Konsens-Runden und führt allfällige gegensätzliche Ansichten vorsichtig zusammen. Angehörige matriarchaler Kulturen identifizieren sich sehr stark über den Clan; einen Individualismus in unserem Sinne kennen sie nicht. Die Konsensfindung ist ein Prozess der alle mündigen Clanmitglieder gleichwertig miteinbezieht und bewirkt, dass sämtliche Entscheidungen gemeinsam getragen werden. Gerade der verbleibenden Minderheit wird höchste Aufmerksamkeit entgegengebracht, denn der Clan geht davon aus, dass diese vielleicht etwas besonders wichtiges bemerkt. Erst wenn ein echter Konsens gefunden wurde, kann die Konsensfindung abgeschlossen werden.
Delegiertenwesen
Danach treffen sich die Delegierten der einzelnen Clans im Dorfrat und tauschen sich dort darüber aus, was die einzelnen Clans beschlossen haben. Dabei eröffnen sie keine neue Konsensrunde, sondern tragen die Informationen wieder ins Clan-Haus zurück, um dort weiter zu beraten – denn sie sind Delegierte und keine Entscheidungsträger. Häufig übernehmen die Mutter-Brüder diese würdevolle Aufgabe, insbesondere dann, wenn der Rat auf überregionaler Ebene tagt und die Wege weit sind. Auch hier werden Übertretungen sofort geahndet und Delegierte, die ihr Amt zum persönlichen Vorteil missbrauchen ersetzt. Die Delegierten gehen solange zwischen dem Sippen- und dem Dorfrat hin- und her, bis auf Dorfebene ein Konsens gefunden wurde. Dasselbe Prinzip gilt auch für die regionale und die überregionale Ebene. Auch hier halten die Delegierten das Kommunikationssystem zwischen dem Clan und dem entsprechenden Rat solange aufrecht, bis eine Entscheidung einstimmig getroffen werden kann. Damit ist jedes einzelne Gemeinschaftsmitglied an sämtlichen politischen Entscheidungen beteiligt. In diesem Sinne sind matriarchale Gesellschaften im wahrsten Sinne des Wortes basis-demokratisch organisiert.
Weltanschaulich-Kulturelle Ebene – Sakrale Gesellschaft und Göttinkultur
Zyklisches Weltbild
Im matriarchalen Weltbild geht alles vom Weiblichen, vom Mütterlichen aus, was auf der genauen Beobachtungen der irdischen wie auch der kosmischen Natur und deren zyklischen Prozessen von Werden, Vergehen und Wiederkehr beruht. Der Tod wird nicht einfach als das Ende vom Leben verstanden, sondern Leben und Tod gelten als sich bedingende Kräfte, die zyklisch auftreten und sich in einer Folge von Prozessen immer wieder abwechseln. Genauso werden sämtliche scheinbaren Gegensätze als gleichwertige Polaritäten aufgefasst, die untrennbar miteinander verbunden sind und einzeln, ohne einander, gar nicht denkbar wären. Sie bleiben stets Teil eines als göttlich verstandenen Ganzen und darin aufgehoben.
Wiedergeburtsglaube
Der damit verbundene Wiedergeburtsglaube ist sehr konkret. In matriarchalen Kulturen gehen die Menschen ganz selbstverständlich davon aus, dass sie nach ihrem Tod eine andere Seinsform annehmen, sich für eine gewisse Zeit in der Jenseitswelt (Anderswelt) der Göttin aufhalten und sich da verjüngen, um schliesslich von einer jungen Frau des eigenen Clans wieder ins Leben zurück geführt zu werden. Kinder werden entsprechend als wiedergeborene Ahninnen und Ahnen angesehen – etwas das im deutschen Wort „Enkelin“, „Enkel“ noch nachklingt; es bedeutet „kleine Ahnin“, „kleiner Ahne“. Nach matriarchalem Verständnis sind Kinder deshalb besonders heilig und Frauen nicht bloss Schenkerinnen des Lebens, sondern Wiedergebärerinnen, die Tod in Leben umwandeln können. Die besondere Würde des Mannes besteht wiederum darin, dieses Leben mit allen Kräften zu schützen.
Beobachtung der Natur
Matriarchale Menschen beobachten die Natur sehr genau und leiten ihr Weltbild von den gemachten Beobachtungen ab. Dabei bringen sie auch die Gesellschaft als Ganzes mit all ihren Lebensbereichen in perfekte Übereinstimmung mit ihr. Die zyklischen Prozesse von Wachsen, Reifen, Vergehen, Regeneration und wieder Wachsen zeigen sich analog sowohl auf der Erde (Jahreszeiten, Vegetation) als auch am Himmel (Mond, Sonne und andere Gestirne), weshalb sie in direktem Bezug aufeinander, als eine Art gegenseitige Spiegelung verstanden werden. In diesem Sinne gilt „wie im Himmel so auf Erden“ und alles was oben ist, ist auch unten. Während die kosmische Göttin als die Schöpferin des Universums gesehen wird, garantiert Mutter Erde als Göttin des sich ständig erneuernden Lebens, das sie zugleich auch ernährt, Regeneration und Wiedergeburt.
Gesellschaft in Balance
Daraus ergibt sich das matriarchale Weltverständnis, nach welchem alles aufeinander bezogen und ineinander eingebettet ist: Die Menschen in die Gesellschaft, die Gesellschaft in die irdische Natur und diese wiederum in die kosmische Natur. Diese Harmonie zwischen göttlichem Universum und Menschenwelt muss unbedingt gewahrt werden – denn wenn sie nachhaltig gestört wird, fällt die Welt auseinander. Deshalb wird alles und jedes immer wieder ins Gleichgewicht gebracht. Oft werden matriarchale Gesellschaften deshalb auch „Gesellschaften in Balance“ genannt. Wenn alles ein Teil des Göttlichen und damit selber göttlich ist, wird eine Trennung in Sakrales und Profanes gänzlich undenkbar. Spiritualität, Kunst, Wissenschaft, Politik, Ökonomie und Sozialstruktur durchdringen einander und ergeben ein aufs Feinste abgestimmtes symbolisches, rituelles und gleichermassen praktisches System. Bei matriarchalen Gesellschaften lassen sich diese Lebensbereiche isoliert betrachtet kaum verstehen. Jede Tätigkeit, ob sie nun die „häusliche“ Arbeit, den Ackerbau oder die Jagd betrifft, hat nebst ihrer praktischen Eigenschaft auch einen spirituellen Gehalt und ist gleichermassen alltägliche Verrichtung wie auch bedeutungsvolles Ritual.
Steinkreise als Beispiel
So sind zum Beispiel Steinkreise (wie etwa Stonehenge, Averbury oder Dromberg) sowohl Observatorien zur Beobachtung der Gestirne als auch Sonnenuhren und Mondkalender (Wissenschaft), zugleich aber auch Kultort und Tanzplatz für die sakralen Feste (Spiritualität und Kunst), die wiederum im Gleichlauf mit den verschiedenen Arbeiten des Ackerbaus stehen und zudem eine Umverteilungsfunktion der Güter innehaben (Politik und Ökonomie) und schliesslich auch für den Zusammenhalt einer matriarchalen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen (soziale Ebene).
Verwendete und weiterführende Literatur
Göttner-Abendroth, Heide: Am Anfang die Mütter. Matriarchale Gesellschaft und Politik als Alternative. Stuttgart, 2011
Göttner-Abendroth, Heide: Die Göttin und ihr Heros. Die matriarchalen Religionen in Mythen, Märchen, Dichtung. Stuttgart, 2011
Göttner-Abendroth, Heide: Die tanzende Göttin. Prinzipien einer matriarchalen Ästhetik. München, 2001
1 Petra Schönbacher, Das Feuer der Baba-Jaga, Wien, 2006, S. 198
2 Ab ca. 10'000 v.u.Z.
Videos
Heide Göttner-Abendroth - Philosophie im Gespräch, Teil 1
Heide Göttner-Abendroth - Philosophie im Gespräch, Teil 2